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Service, not Servitude

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Canadian Medical Association und Sterbehilfe und assistierter Suizid in Kanada

Kritische Betrachtung der Vorgehensweise der CMA hinsichtlich Änderungen der Richtlinie und des Gesetzes

September, 2018

Sean Murphy*
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broschüre

Im Dezember 2013 hat der Vorstand der Canadian Medical Association (CMA) entschieden, auf die Debatte um das Gesetz zu Sterbehilfe und assistiertem Suizid einzuwirken und die CMA-Richtlinien, nach denen es Ärzten verboten ist, Sterbehilfe zu leisten, prüfen zu lassen. Bis zum Sommer 2014 war klar, dass die überwiegende Mehrheit der Ärzte die vorhandene Richtlinie befürwortet. Es scheint jedoch, dass der Vorstand entschieden hat, dass die Richtlinie noch vor dem Entscheid des Supreme Court of Canada im Fall Carter v. Canada geändert werden sollte.

Der Vorstand brachte einen vordergründig neutralen Beschluss ein, der das Recht der Ärzte stärkt, nach ihrem Gewissen zu entscheiden, ob sie im Falle einer Gesetzesänderung Sterbehilfe oder Beihilfe zum Suizid leisten. Der Beschluss wurde mit überwältigender Mehrheit angenommen. Zu jener Zeit blieb jedoch unbemerkt, dass der Beschluss nicht an Kriterien wie Entscheidungsfähigkeit oder unheilbare Krankheiten geknüpft ist.

Durch die Einmischung der CMA beim Supreme Court of Canada im Carter-Fall wurde klar, dass die vorhandene CMA-Richtlinie gegen Sterbehilfe und assistierten Suizid dem Beschluss gemäß geändert würde. Damit wurde die Botschaft vermittelt, dass die Association Ärzte unterstützen würde, die sich für die Begleitung der Sterbehilfe oder zum assistierten Suizid entscheiden, unabhängig davon, wie weit das Gericht oder der Gesetzgeber Verfahrensregeln fassen würde.

Der Vorstand hat die CMA-Richtlinie ungefähr zwei Monate vor dem Gerichtsurteil geändert. Diese Richtlinie erlaubt die Beihilfe von Ärzten bei assistiertem Suizid und Sterbehilfe, welche lediglich rechtlichen Einschränkungen unterliegen. Weder schließt die Richtlinie Minderjährige, geschäftsunfähige oder psychisch kranke Personen aus, noch werden Sterbehilfe und assistierter Suizid auf Personen mit einer unheilbaren Krankheit oder unkontrollierbaren Schmerzen beschränkt. Beide wurden als „End of Life Care“ (Sterbebegleitung) klassifiziert, sodass Patienten Zugang zu entsprechenden Verfahren in Aussicht gestellt wurde, sofern diese legalisiert würden. Unterstützung für Ärzte, die keine Sterbehilfe oder Beihilfe zum Suizid leisten möchten, wurde mit der Aussage quittiert, dass diese ohne „unangemessene Verzögerung“ geleistet werden sollten. All dies implizierte ein neues ethisches Paradigma: dass Ärzte in manchen Fällen die berufliche Verpflichtung haben, Patienten umzubringen oder ihnen zu helfen, sich selbst umzubringen.

Mit der neuen Richtlinie erhielt der Supreme Court of Canada quasi einen Freibrief für die Legalisierung von Sterbehilfe und assistiertem Suizid zu den von den Richtern als vertretbar angesehenen Bedingungen. Nachdem die bestehende Rechtslage durch die Entscheidung des Gerichtshofs geändert wurde, äußerten CMA-Mitarbeiter Bedenken über die vom Gericht festgelegten Kriterien. Es wurde unterstellt, dass der Supreme Court die Schuld für Ängste und tiefgreifende Bedenken unter kanadischen Ärzten trage, da dieser ihnen die Verpflichtung zur Tötung auferlegt hat, die im Gegensatz zu Jahrhunderten medizinischer Ethik und Praxis steht.

Die von den CMA-Mitarbeitern nach dem Carter-Urteil geäußerten Bedenken bestanden jedoch bereits, als die CMA sich des Falls annahm, und wurden von der CMA zum damaligen Zeitpunkt nicht vorgebracht. Tatsächlich hat der Supreme Court einer Richtlinie Rechtskraft verliehen, die die CMA bereits umgesetzt hatte, und die vom Gericht festgelegten Kriterien waren zudem restriktiver als jeder Vorschlag der CMA. Der Gerichtshof kann hierfür nicht verantwortlich gemacht werden, da die CMA-Führung nur unzureichend auf die Folgen eines Beschlusses vorbereitet war, der genau ihrer Richtlinie entspricht.

Die Konsequenzen waren am deutlichsten für die Ärzte spürbar, die Sterbehilfe und assistierten Suizid bzw. die Unterstützung von Sterbehilfe durch Empfehlungen oder durch andere Maßnahmen aus Gewissensgründen ablehnten. Seit dem Carter-Fall wird die Debatte in Kanada hauptsächlich von der Frage bestimmt, ob oder unter welchen Umständen es Ärzte und Institutionen ablehnen dürfen, Sterbehilfe zu leisten oder zu erleichtern. Es ist zwar allgemeiner Konsens, dass Ärzte nicht gezwungen werden dürfen, diese persönlich zu leisten, doch gibt es lautstarke Forderungen, Ärzte, die ihre Patienten nicht töten oder Beihilfe zum Suizid leisten wollen, dazu zu zwingen, ihre Patienten an jemanden zu verweisen, der Sterbehilfe leistet.

Diese Studie zeigt, dass der CMA-Vorstand im Jahr 2014 den Schwerpunkt darauf legte, welche Rolle Ärzte bei aktiver Sterbehilfe und assistiertem Suizid spielen würden, wenn das Gesetz geändert wird. Der Vorstand wusste, dass die überwiegende Mehrheit der kanadischen Ärzte sich weigern würde, Sterbehilfe oder Beihilfe zum Suizid zu leisten. Der grundlegende Konflikt, der sich daraus ergibt, dass Ärzten, die dies nicht möchten, die Pflicht zur Tötung auferlegt wird, war absehbar und wurde von CMA-Mitarbeitern vorhergesehen. Angriffe auf die ärztliche Gewissensfreiheit, insbesondere im Hinblick auf Empfehlungen, waren vorhersehbar.

Der Vorstand hat die ärztliche Gewissensfreiheit in Bezug auf assistierten Suizid und Sterbehilfe nur insofern berücksichtigt, wie es der Verfolgung seiner politischen Ziele diente. Aufgrund dessen waren die CMA-Mitarbeiter nach dem Carter-Urteil relativ unvorbereitet, um die ärztliche Gewissensfreiheit zwingend, deutlich und überzeugend zu verteidigen, insbesondere im Hinblick auf Empfehlungen. Sie mussten feststellen, dass staatliche Behörden und die Öffentlichkeit oft unempfänglich, ja sogar feindlich gegenüber Ärzten sind, die es ablehnen, Patienten zu helfen, von jemand anderem getötet zu werden. Durch diese selbstverschuldete Schwächung der eigenen Verhandlungsposition suchten sie verzweifelt nach einer Richtlinie, die zum einen für Behörden akzeptabel, zum anderen für Ärzte vertretbar war, die der Sterbehilfe ablehnend gegenüber stehen und deren fundamentale Freiheiten sie unbedacht gefährdet hatten.

Die CMA hat sich seitdem stark für die Verteidigung der ärztlichen Gewissensfreiheit in Bezug auf die Empfehlung für Sterbehilfe und assistierten Suizid eingesetzt. Zudem wurden fundierte Bestimmungen zum Schutz des Gewissens in die überarbeitete CMA-Richtlinie über Sterbehilfe aufgenommen. Doch bis diese Aussagen erschienen, waren Ärzte, die Sterbehilfe ablehnen, in einer tückischen, ja sogar feindlichen Umgebung in der Defensive und sahen sich zur Verteidigung der grundlegenden Gewissens- und Religionsfreiheit gezwungen, eine kostenintensive Verfassungsklage anzustreben. Vom Ausgang dieses Falls hängt ab, ob sie weiterhin den Arztberuf ausüben können, wenn sie sich weigern, ihre Patienten zu töten.

Die World Medical Association (WMA) und nationale Ärztegesellschaften können frei entscheiden, ob sie ihre Richtlinien über die ärztliche Ausübung von Sterbehilfe oder assistiertem Suizid ändern. Diese Studie zeigt, dass sie nicht dem Beispiel der Canadian Medical Association folgen sollten, wenn sie die grundlegenden Freiheiten von Ärzten und Personal im Gesundheitswesen schützen möchten.

Die World Medical Association (WMA) und nationale Ärztegesellschaften nicht dem Beispiel der Canadian Medical Association folgen sollten wenn sie die grundlegenden Freiheiten von Ärzten und Personal im Gesundheitswesen schützen möchten. Tweet this

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